
Wer sich im Sommer 2025 aufs Motorrad schwingen will, muss auf bestimmten Autobahnabschnitten in Bayern mit neuen Einschränkungen rechnen. Eine Änderung, die nicht nur überraschend, sondern auch sicherheitsrelevant ist. Betroffen sind bekannte Strecken im Süden des Landes, auf denen künftig nicht mehr frei aufgedreht werden darf.
Die neuen Vorgaben gelten nicht für alle, aber für eine ganz bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmern – und sie bringen mehr als nur einen kleinen Eingriff in den Fahralltag mit sich. Warum diese Maßnahme eingeführt wird, welche Risiken sie adressiert und welche Strecken betroffen sind, wird erst bei genauerem Hinsehen klar. Klar ist nur: Es geht um Sicherheit – und um alten Beton.
1. Eine Veränderung auf Zeit

Ab Mai 2025 tritt auf mehreren bayerischen Autobahnabschnitten ein neues Sommer-Tempolimit in Kraft – speziell für Motorradfahrer. Während für alle anderen Verkehrsteilnehmer bis 3,5 Tonnen ein Limit von 120 km/h gilt, müssen Motorräder in den Sommermonaten die Geschwindigkeit sogar auf 80 km/h reduzieren. Damit greift eine Maßnahme, die auf den ersten Blick temporär erscheint, in Wirklichkeit aber langfristige Auswirkungen haben könnte.
Die neuen Regeln gelten zwischen Mai und September – also genau in der Zeit, in der viele Motorradfahrer ihre Touren planen. Diese Maßnahme zielt auf einen bestimmten Risikofaktor, der sich in der Vergangenheit wiederholt hat. Doch bevor man sich darüber ärgert oder wundert, lohnt es sich, die technischen und sicherheitsrelevanten Hintergründe zu verstehen. Denn die neue Regelung ist mehr als nur ein Verwaltungserlass.
2. Der Zustand der Fahrbahnen als Auslöser

Im Zentrum der Entscheidung stehen alte Betonfahrbahnen aus den 1980er-Jahren, die besonders anfällig für sogenannte Hitze-Blow-Ups sind. Diese älteren Fahrbahnen reagieren bei starker Sonnenstrahlung mit plötzlichen Aufwölbungen oder Rissen, die sich schnell zu gefährlichen Hindernissen entwickeln können. Besonders betroffen sind Strecken mit hoher Belastung und langen Zeiträumen ohne grundlegende Erneuerung.
Obwohl seit 2013 Reparaturen durchgeführt werden, reichen diese oft nicht aus, um die Schäden dauerhaft zu beheben. Daher hat sich die Autobahn GmbH entschieden, auf besonders kritischen Abschnitten vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Für Motorradfahrer bedeutet das konkret: weniger Tempo, mehr Sicherheit. Denn selbst kleinere Verwerfungen in der Betonfläche können fatale Folgen haben – besonders bei hohen Geschwindigkeiten.
3. Was genau sind Hitze-Blow-Ups?

Ein Hitze-Blow-Up entsteht, wenn sich Betonfahrbahnen durch starke Hitze derart ausdehnen, dass sie an den Fugen aufbrechen oder sich wellenförmig aufwölben. Das passiert ohne Vorwarnung – und ist insbesondere für einspurige Fahrzeuge wie Motorräder extrem gefährlich. Bereits wenige Zentimeter Höhenunterschied können ausreichen, um ein Zweirad aus der Spur zu bringen oder einen Unfall zu verursachen.
Diese Phänomene treten vor allem bei älteren Fahrbahnen mit hoher Belastung auf, die keine modernen Dehnfugen besitzen. In Kombination mit sommerlicher Hitze entsteht so ein unberechenbares Risiko, das sich technisch nur durch aufwendige Erneuerung oder – wie jetzt – Tempolimits abmildern lässt. Die Entscheidung für ein reduziertes Tempo ist daher kein Zufall, sondern eine direkte Reaktion auf physikalische Fakten und unfallstatistische Erkenntnisse.
4. Diese Strecken sind betroffen

Das Tempolimit betrifft nicht das gesamte bayerische Autobahnnetz, sondern spezifische Abschnitte mit besonders kritischer Bausubstanz. Auf der A3 ist der Bereich vom Autobahnkreuz Deggendorf bis zur Anschlussstelle Hengersberg betroffen. Auf der A7 gilt das Limit zwischen Dinkelsbühl/Fichtenau und Aalen/Oberkochen.
Auch auf der A92 und A93 wurden konkrete Streckenabschnitte identifiziert, unter anderem bei Oberschleißheim, Freising, Landshut und Elsendorf. Diese Auswahl basiert auf Baujahr, Materialbeschaffenheit und bisher dokumentierten Schäden. Dort wurden die Fahrbahnen entweder noch nicht grundlegend erneuert oder gelten als besonders anfällig. Für Motorradfahrer bedeutet das: Touren müssen neu geplant und angepasst werden, vor allem in der warmen Jahreszeit.
5. Warum Motorräder besonders gefährdet sind

Während Pkw Unebenheiten oft problemlos abfedern, ist das bei Motorrädern anders. Durch die schmalere Auflagefläche der Reifen und das geringere Gesamtgewicht wirken sich selbst kleine Fahrbahnverwerfungen viel stärker aus. Ein plötzlicher Höhenunterschied von nur wenigen Zentimetern kann das Fahrzeug destabilisieren – besonders bei höheren Geschwindigkeiten.
Hinzu kommt: Motorräder reagieren schneller auf Lenkimpulse und sind anfälliger für Pendeln oder Wegrutschen, wenn die Oberfläche uneben ist. Deshalb wurde entschieden, das Tempolimit speziell für Motorräder nochmals zu senken. Die Maßnahme ist keine Schikane, sondern eine Schutzmaßnahme für eine besonders verletzliche Gruppe im Straßenverkehr. Dass diese Einschränkung auf Unverständnis stößt, ist nachvollziehbar – aber sicherheitstechnisch begründet.
6. Wie lange die Einschränkungen gelten sollen

Die Tempolimits sind nicht dauerhaft angelegt – sie sollen nur gelten, bis die betroffenen Strecken grundlegend saniert sind. Doch genau darin liegt das Problem: Die Erneuerung der Betonfahrbahnen ist aufwendig und muss bei laufendem Verkehr erfolgen. Das bedeutet: Jahrelange Bauarbeiten, die sich abschnittsweise über mehrere Sommer ziehen können.
Daher wird das Tempolimit absehbar nicht nur 2025, sondern voraussichtlich auch in den folgenden Jahren bestehen bleiben. Die konkrete Dauer hängt vom Baufortschritt und den finanziellen Mitteln ab. Für Motorradfahrer bedeutet das eine langfristige Einschränkung ihrer gewohnten Fahrweise – besonders in der Hochsaison. Gleichzeitig soll das Limit helfen, Unfälle zu verhindern und Leben zu schützen, bis die Strecken sicher befahrbar sind.
7. Kritik und Verständnis in der Bevölkerung

Wie zu erwarten, stößt das Sommer-Tempolimit auf geteilte Meinungen. Motorradfahrerverbände kritisieren die Maßnahme als diskriminierend und unverhältnismäßig. Viele fühlen sich zu Unrecht besonders eingeschränkt, da sie die gleiche Maut zahlen wie andere Verkehrsteilnehmer, aber deutlich strengere Regeln befolgen müssen. Andererseits zeigen sich viele Autofahrer und Anwohner verständnisvoll.
Gerade in Gebieten mit hoher Unfallhäufigkeit wird das Tempolimit als sinnvolle Vorsichtsmaßnahme gesehen. Die öffentliche Diskussion dreht sich weniger um das „ob“, sondern um das „wie lange“. Es bleibt abzuwarten, ob die Maßnahme in den Folgejahren zu mehr Sicherheit und weniger Unfällen führt – oder ob sie als Symbolpolitik verpufft. Klar ist: Das Thema ist emotional und wird viele Stammtische und Foren noch eine Weile beschäftigen.
8. Ein neuer Umgang mit alter Infrastruktur

Was sich hier zeigt, ist ein Paradigmenwechsel im Verkehrspolitikverständnis: Statt Freiheit auf allen Spuren rückt der Zustand der Infrastruktur ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der schlechte Zustand alter Autobahnabschnitte zwingt zu neuen Lösungen – und das zeigt, wie dringend Investitionen und Sanierungen sind. Die Tempolimits sind also Symptome eines größeren Problems: der vernachlässigten Instandhaltung.
Für Motorradfahrer bedeutet das: mehr Vorsicht, weniger Tempo, aber letztlich auch ein deutliches Signal für Veränderung. Wenn Sicherheit ernst genommen wird, müssen Einschränkungen manchmal hingenommen werden – auch wenn sie unbequem sind. Das Beispiel zeigt, wie Technik, Verkehr und Politik eng miteinander verwoben sind. Und es zeigt, dass sich auch in der scheinbar starren Welt der Autobahnen noch einiges bewegen kann.